Eltern und Schule – Eintrag 92

Eltern und Schule

Wo der gesunde Menschenverstand Pause macht

Liebes Tagebuch,

Ach, die Schule.. Der Ort, an dem Eltern glauben, ihre Verantwortung am Eingang abzugeben. Kaum sind die Kinder in den Klassenzimmern verschwunden, scheint die Erziehungssache komplett in den Händen der Lehrkräfte zu liegen. Eigentlich praktisch, oder? Ein Rundum-sorglos-Paket, von der Erziehung bis zur Bildung, und das Ganze zum Nulltarif. Nur, dass die Realität leider anders aussieht.

Winterjacken: Modefehltritt oder elterliche Nachlässigkeit?

Da wäre zum Beispiel der Klassiker: Herbst. Morgens, fünf Grad. Was tragen die Kids? Natürlich T-Shirts, ohne Jacke, weil die Eltern es „vergessen“ haben. Erkältung vorprogrammiert – und dann wird die Schuldfrage gestellt: „Warum wird mein Kind ständig krank?“ Die Antwort liegt doch klar auf der Hand: Natürlich ist die Schule schuld! Schließlich glaubt so mancher, dass Lehrer neben Mathe auch Wetterkunde und „saisonale Kleidung“ unterrichten sollten. Schließlich gehört das alles zum Bildungsauftrag, oder?

Elterntaxis: Die Könige der Straße

Noch so ein Phänomen: Nichts drückt elterliche Liebe besser aus, als das Kind mit dem eigenen Auto so nah wie möglich an das Schultor zu chauffieren. Zwei Minuten Fußweg? Unzumutbar! Schließlich könnte der Nachwuchs auf dem Weg stolpern oder, Gott bewahre, kalte Luft atmen. Und so parken Eltern munter im Halteverbot, blockieren Einfahrten und bringen den gesamten Verkehr zum Erliegen. Dass dabei andere Kinder und Verkehrsteilnehmer gefährdet werden, interessiert nicht – Hauptsache, mein Kind ist sicher und pünktlich im Klassenzimmer.

Und wehe, es passiert ein Unfall! Dann sind natürlich wieder die Verkehrsbedingungen schuld – nicht die Horde Elterntaxis, die alles blockiert. Dass Kinder dabei Bewegung und Selbstständigkeit verlieren? Ach, das wird schon irgendwie aufgefangen. Wahrscheinlich durch die nächste Beschwerde beim Schulleiter.

Hausaufgaben: Ein Relikt aus der Steinzeit

Hausaufgaben? Ein weiteres Mysterium, bei dem Eltern erstaunlicherweise auf einmal völlig hilflos werden. „Wieso soll ich meinem Kind bei den Hausaufgaben helfen? Dafür gibt’s doch Lehrer!“ Das mag stimmen, aber der Unterricht endet eben nicht an der Schultür. Was zu Hause stattfindet, ist entscheidend für den Lernerfolg. Doch für viele scheint der Gedanke absurd: „Hausaufgaben? Ein Relikt aus einer Zeit, in der Eltern noch Zeit und Geduld hatten!“

Also wird das Thema schnell auf die Lehrer abgewälzt. Das Kind kommt nicht mit? Klar, das liegt nicht an der fehlenden Unterstützung zu Hause, sondern an der Lehrkraft, die natürlich für alles zuständig ist – inklusive Hausaufgabenhilfe und Motivationstherapie.

Bildung zum Nulltarif, aber bitte mit Premium-Service!

Wir fordern exzellente Bildung, perfekte Lehrer und Top-ausgestattete Schulen – natürlich ohne extra Aufwand oder Kosten. „Mein Kind verdient nur das Beste!“ Aber wenn es um Eigenverantwortung geht? Fehlanzeige. Eltern lehnen sich zurück und erwarten, dass das Bildungssystem ihre Kinder in Hochform bringt, während sie selbst danebenstehen, bestenfalls applaudieren und sich für die schulischen Erfolge feiern lassen.
Läuft etwas schief, wird natürlich der Lehrer zur Rechenschaft gezogen. Der Spagat zwischen Unterricht, Erziehung und „Psychologie für Anfänger“ gehört schließlich zu seinem Job, oder?

Elternabende: Die Show der Unschuldigen

Elternabende sind da der krönende Höhepunkt. Hier zeigen sich Eltern von ihrer besten Seite. Mit Unschuldsmiene werden Probleme diskutiert, nur um dann jede Kritik gekonnt abzuwälzen: „Mein Kind? Niemals! Das muss ein Fehler im System sein!“ Klar, die Lehrer haben’s einfach nicht im Griff.

Vielleicht könnte man sich mal überlegen, wie es zu Hause mit der Erziehung aussieht? Nein, wozu? Es reicht doch, den Lehrern die Hölle heiß zu machen, weil sie das Klassenklima nicht unter Kontrolle haben. So einfach kann Erziehung sein.

Und wehe, es wird um Zusammenarbeit gebeten. „Elternarbeit? Was heißt das? Ich arbeite doch schon, und jetzt soll ich mich auch noch um schulische Belange kümmern?“ Himmel hilf, der Anspruch an die Lehrer steigt ins Unermessliche.

Die tickende Zeitbombe: Was passiert, wenn wir so weitermachen?

Es ist nicht die Schule, die versagt – es sind wir Eltern. Denn Erziehung fängt zu Hause an. Wenn wir unsere Kinder unvorbereitet und ohne Orientierung in die Welt schicken, dann sollten wir uns nicht wundern, wenn sie scheitern. Erziehung ist kein Outsourcing-Projekt, bei dem die Schule die Hauptarbeit erledigt und wir uns gemütlich zurücklehnen.

Was lernen Kinder von uns, wenn wir ständig die Schuld bei anderen suchen? Wenn wir ihnen vorleben, dass es normal ist, sich nicht an Regeln zu halten, Verantwortung abzuschieben und das eigene Fehlverhalten zu rechtfertigen? Die Antwort ist klar: Sie lernen nichts – zumindest nichts, was sie später im Leben weiterbringt. Es sind die Eltern, die das Fundament legen, nicht die Schule.
Wenn wir uns nicht ändern, wird eine ganze Generation heranwachsen, die nichts anderes kennt als Bequemlichkeit, Ausreden und Anspruchsdenken.

Es liegt in unserer Verantwortung, nicht in der der Lehrer, dafür zu sorgen, dass unsere Kinder verstehen, was es heißt, Verantwortung zu übernehmen – und zwar nicht nur für den Stundenplan, sondern für ihr ganzes Leben.

Wir Eltern sind diejenigen, die den Unterschied machen. Wenn wir weiterhin mit dem Finger auf andere zeigen und uns selbst aus der Verantwortung stehlen, wird sich nichts ändern. Wir müssen uns daran erinnern: Es sind nicht die Schulen, die unsere Kinder erziehen. Das ist unser Job.

Mere de Belle
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